Wer die Gebrüder Schmidtlein noch nicht kennt…

Am 3. März 2008 erschien in der BernerZeitung ein grosser Artikel über Kostenfallen im World Wide Web (siehe unten). Darin wird berichtet, wie sich ein Thuner Schüler bei der Suche nach Infos für ein Referat „auf gefährliches Terrain“ gewagt hatte: nämlich ins Internet. Dort hatte er sich bei www.hausaufgaben-heute.com angemeldet, und sich gewundert, dass daraufhin eine Rechnung und später eine Mahnung bei ihm eingetroffen ist.

Ich will Euch meinen (leider nicht gedruckten) Leserbrief zu diesem Artikel nicht vorenthalten:

Sehr geehrte Damen und Herren

Auch wenn ich absolut kein Fan der Gebrüder Schmidtlein bin: Mittlerweile steht auf deren Webseiten überall, dass mit der Anmeldung ein Testabo bestellt wird, das sich am Folgetag in ein kostenpflichtiges Abo umwandelt. Wer vor dem Vertragsschluss den Vertragstext nicht durchliest, der ist selbst schuld. Dieser Grundsatz fürs normale Leben gilt im Internet halt ebenfalls. Dabei wird auch niemand zum kompletten Lesen der „ellenlangen, in Juristendeutsch abgefassten AGB“ gezwungen: Der auch für juristische Laien verständliche Begriff „kostenpflichtig“ taucht in den ersten drei Paragraphen der AGB gleich 3x auf.

Abgesehen davon: Die Gebrüder Schmidtlein kann man in der heutigen Zeit einfach nicht kennen. Zu viel schon wurde seit Jahren immer wieder im Kassensturz, Beobachter (dort hatten die Schmidtleins im Januar zum zweiten Mal den Prix Blamage erhalten) und zahlreichen weiteren Zeitungen, am Fernsehen und in diversen Internet-Foren über ihre zwielichtigen Methoden berichtet.

Aber Blauäugigkeit ist halt auch in schweren Fällen nicht strafbar.

Mit freundlichen Grüssen

Hier noch der Zeitungsartikel (Copyright by BernerZeitung):

Kostenfallen im World Wide Web

So nützlich das Internet ist, es lauern auch Gefahren im Web. Manches scheinbare Gratisangebot entpuppt sich als Kostenfalle. Der Thuner Christian Siegfried machte unangenehme Erfahrungen mit einer einschlägigen Seite.

Seine Suche nach Infos für ein Referat führte den 17-jährigen Thuner Christian Siegfried auf gefährliches Terrain: ins Internet. Derzeit boomen Online-Angebote, die auf den ersten Blick gratis aussehen, sich später jedoch als Kostenfallen herausstellen. Zum Beispiel die Seite www.hausaufgaben-heute.com.
Dort landete Christian Siegfried. Um Zugang zur Datenbank zu erhalten, musste er Name und Adresse angeben. Dass er damit ein «Testabo» für die Hausaufgabenhilfe löste, das sich innerhalb von 24 Stunden zu einem Abo über 24 Monate wandelte, stand irgendwo begraben im Kleingedruckten, das Siegfried zu dem Zeitpunkt herzlich wenig interessierte. «Ich hab mich schnell durchgeklickt, schliesslich wollte ich rasch an die Infos kommen», sagt der angehende Detailhandelsfachmann. Monatlicher Kostenpunkt des Abos: sieben Euro, zu zahlen für zwölf Monate zum voraus.

Post vom Anwalt

Zuerst per Mail, später dann per Post wurde er in der Folge mit Rechnungen bombardiert. Erst für die Abokosten des ersten Jahres, später berechneten die Webseiten-Betreiber happige Mahngebühren, so dass Siegfried zu guter Letzt eine Zahlungserinnerung über 124 Euro ins Haus flatterte. Damit nicht genug: Längst erhielt Siegfried die Post nicht mehr von den Machern von hausaufgaben-heute, sondern von deren Anwalt.

Bloss nicht zahlen!

Das aggressive Vorgehen und die gemessen an der mageren Dienstleistung horrenden Kosten machten Christian Siegfried nach dem ersten Schreck stutzig. Statt einzulenken wandte er sich an den k-tipp. Dort erfuhr er: Sein Erlebnis ist alles andere als ein Einzelfall. Die Konsumentenschützer sind in letzter Zeit mit einer Welle von Fragen und Beschwerden zu Internetseiten konfrontiert, die als Abofallen konzipiert sind. Bloss nicht zahlen, riet der k-tipp dem erleichterten Siegfried (vgl. Kasten).
Er war den Gebrüdern Andreas und Manuel Schmidtlein auf den Leim gegangen, keine Unbekannte unter den Abo-Abzockern. Mit unterschiedlichen Firmen betreiben die Brüder eine ganze Reihe von Kostenfallen im Netz. Besonders perfide: Häufig wenden diese sich spezifisch an Jugendliche. Sie versprechen zum Beispiel Gratis-SMS oder kostenlosen Download von Spielen (vgl. Kasten). Die aggressiven Drohungen, mit denen die Anbieter ihre Kunden zum Zahlen zu bewegen suchen, sind allerdings nicht ernst zu nehmen. In der Schweiz ist kein Fall bekannt, den Abo-Abzocker tatsächlich vor ein Gericht gebracht hätten.

Plan gegen Rechnung

Ein zweites Beispiel: Wer eine Reise planen will und auf www.routenplaner-server.com landet, hat Pech gehabt. Das Angebot sieht vorderhand aus wie all die anderen Gratis-Routenplaner. Hat der Nutzer allerdings Abfahrts- und Zielpunkt eingegeben und auf «Route berechnen» geklickt, taucht auf dem Bildschirm nicht etwa die schnellste Reiseroute auf, sondern eine Eingabemaske, wo persönliche Daten anzugeben sind. Wie üblich ist zu bestätigen, dass man die ellenlangen, in Juristendeutsch abgefassten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gelesen habe. Das muss die Nutzerin allerdings äusserst genau tun, um unter Punkt 7 zu erfahren, dass die Anmeldung zur einmaligen Zahlung von 59.95 Euro verpflichte.

Kein Betrug, aber

Das Vorgehen der Online Content Ltd., die hinter dem Routenplaner steckt, ist nicht rechtens. Juristisch gesehen kommt mit einer Anmeldung ein Vertrag zwischen Nutzer und Betreiber einer Webseite zustande. Der Preis der Dienstleistung ist ein entscheidender Bestandteil dieses Vertrages, deshalb darf der Anbieter die Kosten auch nicht irgendwo im Kleingedruckten verstecken. Insbesondere dann, wenn der Internetnutzer auf der Webseite im Glauben gelassen wird, das Angebot sei nicht kostenpflichtig.
«Betrug ist das nicht», sagt Guido Sutter, Leiter des Ressorts Recht beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), «deshalb werden die Betreiber derartiger Webseiten auch nicht von Amtes wegen verfolgt». Unlauter sei das Vorgehen aber allemal, weil die Kostenpflicht verschleiert werde. Zudem steht im Gesetz klipp und klar: Ein Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der beim Abschluss getäuscht worden ist oder sich in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.

Roman Widmer

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